Die zwischen Unschuld und Verwegenheit, zwischen Künstlichkeit und Einfachheit vermittelnden Suiten-Sätze Louis Couperins erinnern den Hörer an die Reichhaltigkeit einer höfisch bestimmten, aber auch abenteuerlich freizügigen Musik, die im öffentlichen und medialen Musikgeschehen unserer Tage weitgehend ausgeblendet bleibt. Pianisten mit Sinn für Juwelen und Verrücktheiten des 17. frühen 18. Jahrhunderts entscheiden sich allenfalls für den Nachlass Francois Couperins (1688–1733) oder Johann Jakob Frobergers (1616–1687), aber – ich denke etwa an Grigory Sokolov – es lohnt, sich auch mit den Tanzsätzen, mit den Chaconnes und den Charakterpikanterien des älteren Louis zu befassen.
Bob van Asperen, dem aus Amsterdam stammenden Cembalisten, ist mit dieser zweiten Folge „Louis Couperin“ eine äußerst anschauliche, wenn nötig glühende, wenn angebracht auch schlichte Darbietung von sehr unterschiedlich thematisierten Suiten gelungen – ergänzt durch eine Ersteinspielung im Zeichen von schöpferischer Kollegialität unter dem Motto „Duresse de Frescobaldi“.
Bob van Asperen windet und schlängelt sich hellhörig durch die oft wie verwunschenen, harmonisch kühnen, immer wieder reich verzierten, zuweilen wie in sich kreiselnden Klang- und Bewegungssubjekte, verleiht ihnen Richtung, schaurige Schönheit und durchsichtige Verschlungenheit. Das verwendete Vandry-Instrument aus dem Londoner Victroria und Albert Museum wurde 20 Jahre nach Couperins Tod 1661 in Paris gefertigt. Über die Geschichte des ungemein wohllautenden, besser noch: im Scheckigen wie im Stolzen und Agressiven wohlschmeckenden Instruments wird im insgesamt vorbildlichen Begleittext des Interpreten ausführlich berichtet. Seine außerordentliche Qualität trotz der vielen Jahre, die es sozusagen auf dem Deckel hat, beruht nicht zuletzt auf der Tatsache, dass es lange, sehr lange Zeit in einem château unbeachtet herumstand. Ausführliche Überlegungen hinsichtlich der Stimmung des Cembalos und mancher Probleme, was die Adaption des „Frescobaldi“-Stückes anbelangt, beschließen den lesbaren Teil einer Edition, die in ihren akustischen Abteilungen für mein Empfinden zum Besten neuerer Historien-Projekte zu zählen ist.
Peter Cossé (27.01.2009)