Blockflöte mal vier: Das ist das Flanders Recorder Quartet aus Belgien. Die vier Ensemblemitglieder spielen seit 1987 zusammen und haben sich mit ihren lebendigen Interpretationen in mittlerweile über 1800 Konzerten auf der ganzen Welt zu fulminanten Botschaftern der Blockflöte gemacht - jenes noch immer verkannten und von Vielen belächelten Instruments, das beim Flanders Recorder Quartet mitreißend temperamentvoll und hochvirtuos zum Zuge kommt.
Zu seinem 25-jährigen Bestehen hat sich das Originalklang-Quartett mit einem Konzertprogramm beschenkt, das 2013 in Antwerpen gemeinsam mit befreundeten Barockgeigern und Continuo-Spielern aufgenommen wurde. Werke von Vivaldi, Johann David Heinichen, Henry Purcell oder Bach sind da in überbordender Vitalität zu erleben: etwa das ausgelassene, einst für vier Violinen und Orchester und Vivaldi zugeschriebene, dann von Bach für vier Cembali und Orchester bearbeitete Konzert BWV 1065. Für das Flanders Recorder Quartet nun wurde das Beste von Vivaldi und Bach in einem weiteren Arrangement vereint.
Hochexpressive Miniaturen
Einen denkbar starken Kontrast zu dem vorwärtsjagenden Gestus dieses Konzerts bilden dann vier ebenfalls auf dem Album versammelte Choralpräludien Bachs, darunter "Lobt Gott ihr Christen, allzugleich" und "Vom Himmel hoch, da komm ich her". Sie stimmen weihnachtlich ein mit ihrem besonnenen Ton, den die wunderbar samtenen Klänge der Flöten - allesamt Kopien nach historischen Vorbildern - noch intensivieren. Zum Beispiel "Vom Himmel hoch, da komm ich her": eine hochexpressive Miniatur, kaum eine Minute lang, die doch eine ganze Welt enthält. Und genauso wird sie von den vier Flöten des Flanders Recorder Quartet vermittelt: beseelt, mit bestechender Schönheit und Klarheit. Wer hätte gedacht, dass die majestätische Orgel in einer überzeugenden Bearbeitung einmal vier Blockflöten weichen würde?
Fantasievolle und sensible Bearbeitungen
Dass diese unerwartete Anverwandlung funktioniert, beweist noch manch andere, ebenso fantasievolle wie sensible Bearbeitung auf dieser erstaunlich farbigen CD. Etwa eine dreiteilige "Fantazia" über einem durchlaufenden Bass-Motiv von Henry Purcell. Deren Originalfassung in D-Dur, für drei Violinen und Basso continuo, wird um eine Terz nach oben transponiert nun von drei Altblockflöten gespielt, expressiv und mit melodischer Kraft. Fast ergeht es einem da wie dem 1633 in London geborenen Staatssekretär und Chronisten Samuel Pepys, der in sein Tagebuch notierte, nachdem er erstmals eine Flöte gehört hatte: "Sie ist so süß, dass ich ganz verzückt war – in der Tat, meine Seele war so benommen, dass ich fast krank wurde, so wie es mir früher erging, als ich in meine Frau verliebt war."
Susanne Schmerda