Zu dem Grundbestand einer deutschen romantischen Orgel mit vielen charakteristischen Grundstimmen und einer dynamischen Hierarchie der Manuale von ff bis mf, traten in Mannheim neue Registergruppen hinzu, die neue, impressionistische Klangwirkungen zuließen. Auf allen Manualen befinden sich Mixturen. Dazu treten Aliqoutregister , beispielsweise Quinte 1 1/3’ oder Septime 1 1/7’ und französische Zungenregister im Schwellwerk, die dieses zu einem kräftigen, sinfonischen Werk erheben. Die raffinierteste Einrichtung aber dürfte das Fernwerk sein. Zwei hintereinander angebrachte Schwelljalousien lassen deren Klang ins Unhörbare verschwinden. Ebenso waren das 2. und 3. Manual sowie die Hochdruckstimmen des Hauptwerks schwellbar, so dass der Spieltisch nicht weniger als fünf Schwelltritte und eine Walze (Registercrescendo) aufwies.
Die ersten Planungen für den Bau der Orgel gehen zurück auf das Jahr 1909. Ursprünglich war eine dreimanualige pneumatische Orgel mit 62 Registern geplant. Der Auftrag dafür wurde im Jahr 1910 an die Firma Steinmeyer erteilt. Durch weitere Planungen wuchs die Orgel bis zur Fertigstellung auf 92 Register an. Das Fernwerk mit 16 Registern wurde durch eine Spende ermöglicht.
Bereits ein halbes Jahr nach der Einweihung, im Frühjahr 1912, wurden erste bauliche Änderungen an der Orgel vorgenommen: der Schwellkasten um die drei Hochdruckregister des ersten Manuals (Tuba mirabilis, Clarine und Jubalflöte) wurde entfernt. In den folgenden Jahren wurden kleinere Umgestaltungen vorgenommen. Im Jahr 1939 erfolgte ein gravierender Eingriff in die Technik des Instruments. Die ursprünglich pneumatische Traktur wurde entfernt und die Hauptorgel auf elektropneumatische Traktur umgestellt. Damit wurde auch das Ankoppeln des Fernwerks an die Hauptorgel möglich.
Der feste, in der Orgel stehende Spieltisch wurde ausgebaut und durch einen fahrbaren elektrischen Spieltisch ersetzt. Die gesamte Orgel wurde von 435 Hz auf 448,5 Hz (Kammerton a’) höher gestimmt.
Durch die Elektrik konnten bereits vier freie Kombinationen als Registrierhilfe eingerichtet werden. Die Registerzahl stieg auf 97.
Glücklicherweise blieb die Christuskirche im zweiten Weltkrieg von gravierenden Bombenschäden verschont. Trotzdem waren an der Orgel einige Schäden zu vermelden.
1952 wurden eine komplette Ausreinigung und einige Änderungen an der Disposition vorgenommen: neun typisch romantische Register wurden entfernt und durch neobarocke Stimmen ersetzt. Außerdem wurde der Schweller des 2. Manuals entfernt. In den folgenden Jahren traten zunehmend technische Störungen auf, so dass weitere Ausbesserungen nötig wurden. 1984 kam es zu einer umfangreichen Renovierung der Orgel. Das Gehäuse und die Zungenstimmen wurden restauriert, der Schwellkasten des 2. Manuals wieder eingebaut und der Zimbelstern in Stand gesetzt. Klanglich wurde die Orgel wieder näher an die originalen Verhältnisse herangeführt: die seit 1911 veränderten Pfeifen wurden umintoniert, die neobarocken Register soweit damals möglich wieder durch romantische ersetzt.
Eine weitere Renovierung wurde im Jahr 1995 durch die Firma E. F. Walcker & Co. vorgenommen.
Im Jahr 2000 wurde die gesamte Stimmung der Orgel durch die Firma Lenter auf 447 Hz herabgesetzt. Ein Jahr später wurde eine erste mit einem Microcontroller gesteuerte Setzeranlage mit 640 Kombinationen eingerichtet. 2002 baute die Firma Lenter eine teils historische, teils rekonstruierte durchschlagende Klarinette und ein historisches Dolce 4’ ein, bevor im folgenden Jahr die neue Celesta im Fernwerk eingebaut werden konnte.
Im Jahr 2003 wurde auch der Spieltisch verändert, wobei wieder eine Walzenrolle und getrennte Schwelltritte für die beiden Fernwerksjalousien konstruiert wurden. Die Setzeranlage wurde in einer zweiten Ausbaustufe erweitert. Seitdem können insgesamt 3200 Kombinationen auf 5 Benutzer verteilt werden.
Kurzfassung eines Textes von Heike Ittmann, Elisabeth Göbel und Johannes Michel
(mit freundlicher Genehmigung von Ambiente Tonträger)