Ein Dokument auf CD
Wagner für die Orgel
Albert de l'Espee muss ein ziemlich „schräger" Typ gewesen sein, der bei weit geöffneten Fenstern Musik aus Opern von Richard Wagner zu spielen pflegte - auf seiner Hausorgel, um die herum er sich Anno 1894 sein Schloss in Jlbarritz bauen ließ. Eine abenteuerliche Geschichte, aber wahr! 72 Register stark war Aristide Cavaille-Colls Meisterinstrument, unvorstellbar. Und Albert de l'Espee, der unermesslich reiche Herr Baron, ließ sich von ihren Klängen verzaubern: Tristan und Isolde, Götterdämmerung, Parsifal und Rienzi. Wie es in dem Schloss in der Nähe von Biarritz wohl geklungen haben könnte, dokumentieren Organist Christoph Kuhlmann und Suzanne Thorp, die ihren Sopran in Wagners Wesendonck-Liedern funkeln lässt. Einfach faszinierend, wie sie die „wunderbaren Träume" deutet, das „sausende, brausende Rad der Zeit" antreibt, zum Stillstand bringt „in staunendem Schweigen". Die Orgel als Partnerin? ideal! Denn sie ist - anders als das Klavier - ein ganzes Orchester. Und so behandelt Christoph Kuhlmann sie auch. Mit untrüglichem Gespür für dynamische und klangmalerische Wirkungen bei der Liedbegleitung, für dramatische Entwicklungen wie zum Beispiel im „Trauermarsch" aus der Götterdämmerung oder im Tristan-Vorspiel.
Derartige Orgeltranskriptionen haben eine lange Tradition und geraten immer dann überzeugend, wenn - wie hier - Instrument, Organist und Aufnahmetechnik sich quasi symbiotisch verbinden.
Die auf dieser CD zu hörende Orgel des seltsamen Barons (es war die zweite, die er ins Schloss hatte bauen lassen! steht schon lange in einerKirche im spanischen Usurbil. Das ist akustisch perfekt, eben nirgends trocken wie in einem muffigen Konzertsaal. Aber im Wesentlichen profitiert dieser musikalische Ausflug in die (Opern-)Welt Richard Wagners von der Kompetenz beider Interpreten, die mit Haut und Haar in Wagners Klangwelt eintauchen.