Nur wenige Monate nach dem verheerenden Brand, der die Kathedrale von Murcia in der Nacht vom 3.Februar 1854 verwüßtete, bestellte Kardinal Mariano Barrio Fernández, Bischof von Cartagena, auf Anraten von Don Hilarion Eslava eine neue Orgel, die im Juli 1857 eingeweiht wurde. Sie blieb über 50 Jahre praktisch unverändert. 1910 beauftragte man den Orgelbauer Aquilino Amezua mit umfangreichen Maßnahmen mit dem Ziel, die aufgrund mangelnder Wartung störungsanfällig gewordene Orgel wieder einwandfrei spielbar zu machen und den sich wandelnden Anforderungen seitens der Musiker anzupassen. Glücklicherweise konzentrierten sich diese Arbeiten in erster Linie auf die mechanischen Aspekte des Instrumentes und nicht auf seine Disposition und Intonation.
- Mechanik:
- Änderung der Anordnung der Manuale, um das Hauptwerk an erster Stelle zu haben.
- Einbau einer Barkermaschine für das Bombardewerk mit Koppel Positif/Bombarde;
- Klangliche Aspekte:
- Austausch zweier Register: eine Schwebung ersetzt im Positif die Flûte douce 4' und ein Flageolet 2' auf dem Bombardewerke den Nasard.
- Auf dem Récit wird das Register Gaita Pastoril entfernt, dafür findet die 2-fache Voix céleste auf zwei Schleifen Platz (ursprünglich gemeinsam auf einem Registerzug).
- die Voix humaine von Merklin & Schütze wird durch eine neue ersetzt
- Flûte d'écho wird durch Ocarina (Nachthorn 4') ersetzt
- Veränderung der Schwelljalousien. Die originalen Jalousien, die auch zu den Seiten und nach hinten hin öffneten, wurden aufgegeben. Einbau neuer, kleinerer Schwelljalousien, die nur nach vorne hin öffneten.
Die Veränderung der Anordnung der Manuale hatte zur Folge, daß sich die Trakturwege am Ausgang des Spieltisches kreuzten, was zu permanenten Problemen führte; auf der anderen Seite versperrte der Einbau der Barkermaschine des Bombardewerks den Zugang für die Wartung der Barkermaschine des Hauptwerks.
Im Laufe des 20.Jahrhunderts hat die Orgel erneut deutlich unter mangelnder Pflege sowie unter einigen harmlosen Eingriffen leiden müssen, die jedoch ohne Konsequenzen für die Unversehrtheit des Ganzen blieben und die Intonation unberührt ließen.
Eine 1990 durchgeführte Maßnahme hatte allerdings schwerere Konsequenzen: der handwerklich ungeschickte Austausch von ca. 80% der Nüsse aller Zungenregister.
Die Restaurierung
Als wir 2003 gerufen wurden, um im Hinblick auf die Restaurieung eine Bestandsaufnahme zu machen, fanden wir ein außergewöhliches, historisch und technisch bemerkenswert gut erhaltenes jedoch aufgrund zahlreicher Probleme auf allen Ebenen (Mechanik, Windversorgung, Stimmung) praktisch unspielbares Instrument vor. Die von uns zwischen 2005 und 2008 durchgeführte Restaurierung bestand zu weiten Teilen aus der Instandsetzung des Instrumentes und der Rückführung der Veränderungen, um die Merklin & Schütze-Orgel wieder in ihren Originalzustand zurück zu versetzen. Die diversen Veränderungen sowohl der Mechanik als auch der klanglichen Substanz waren im Zuge der Demontage der Orgel relativ leicht zu erkennen gewesen. Der Abgleich unserer Erkenntnisse einerseits mit dem wertvollen Dokument, welches der durch den Organisten Julian Calvo 1870 angefertigte Bericht darstellt, und andererseits mit dem Kostenvoranschlag von Aquilino Amezua haben es uns ermöglicht, Antworten auf so manche offene Frage zu finden. So hoffen wir, daß unsere Restaurierung so getreu wie möglich im Sinne ihrer Erbauer gelungen ist.
Jean Daldosso