Die Orgel der ehemaligen Prämonstratenserkirche in Niederehe wurde 1714 von Orgelbauer Balthasar König aus Bad Münstereifel erbaut. König stammte aus einer Ingolstädter Orgelbauerfamilie, wurde am 18.6.1684 dortselbst geboren und verstarb am 16.12.1756 in Menden.
Das Niedereher Instrument ist nicht nur das erste, welches König, der später im Rheinland als Orgelbauer zu großer Bedeutung gelangte, nach seiner Übersiedlung in die Eifel erbaute. Gleichzeitig ist es auch sein opus eins. Vermutlich wurde das Gehäuse von der Niedereher Klosterschreinerei angefertigt. Das Werk verfügte ursprünglich über neun Register auf einem Manual mit 48 Tasten sowie über ein angehängtes Pedal von 13 Tasten. 1868 erweiterte der Orgelbauer Johann Josef Müller aus Niederehe das Instrument um eine selbstständige Pedallade mit drei Registern (Subbaß, Oktavbaß und die alte Manualtrompete). Im Manual fügte er das Register Wienerflöte 8’ hinzu.
Ein grundlegender Umbau fand 1923 statt. Dabei wurden viele Originalregister entfernt und die Disposition dem Zeitgeschmack angepaßt. Die Arbeiten führte ein Orgelbauer Burkart im Auftrag der Firma Klais durch. Weitere Eingriffe, jedoch ohne nennenswerte Änderungen an der Grundsubstanz, fanden in den Nachkriegsjahren statt.
1997 entwickelte der Orgelbauer Hubert Fasen (Oberbettingen) in Zusammenarbeit mit der Landesdenkmalpflege das Konzept einer grundlegenden, exemplarischen Restaurierung, die im Sommer 1998 abgeschlossen werden konnte. Dabei konnte anhand der wiederentdeckten originalen Registerschildchen auf dem Manual die ursprüngliche König-Disposition wiederhergestellt werden. Die Pedallade von 1868 wurde als historisch gewachsene Substanz betrachtet und beibehalten.
Anhand von drei vorhandenen Originalregistern ließen sich die ursprünglichen Mensuren herleiten.
Die Niedereher Orgel ist das einzige Instrument von Balthasar König, das heute wieder mit der originalen Temperatur und Stimmung der Erbauungszeit zu hören ist. Die originalen Stimmausschnitte an den Prospektpfeifen waren noch erkennbar, da beim „Höherstimmen“ der Orgel zum Glück recht unsauber gearbeitet worden war. Auf den Rückseiten der auf Tonlänge ausgeschnittenen Prospektpfeifen waren in grober Manier Stimmlappen eingerissen und nach unten und zur Seite gebogen worden. Spätere Veränderungen an den Labien und Aufschnitten waren nicht erkennbar, so hoffte man, nach dem Zurückformen der „Stimmfetzen“ und Abkleben der noch erkennbaren Ausschnitte Anhaltspunkte für die Stimmpraxis Königs zu finden.
Eine Festlegung der Temperatur ist nur am Originalstandort der Pfeife möglich, da Gehäuse, Schleierwerk und Abstand zu den Nachbarpfeifen die Tonhöhe der einzelnen Pfeifen erheblich beeinflussen. Eine Untersuchung der Stimmung wurde deshalb zurückgestellt, bis alle Teile restauriert und die Orgel wieder an ihrem Standort aufgebaut worden war. Die Prospektpfeifen wurden vorsichtig von Staub befreit und nur die schlimmsten Deformationen an den Füßen wurden gerichtet. Nach dem Einbau der Prospektpfeifen wurde zuerst die Ansprache der Pfeifen bei einem Winddruck von 70 mm WS untersucht, wobei die sehr stark eingesackten Pfeifenfüße provisorisch gerichtet und geöffnet wurden. Das Ergebnis übertraf alle Erwartungen: Beim Spiel durch die Tonarten und beim Abhören der Quinten und Terzen war die ursprünglich mitteltönige Temperatur (mit Wolfquinte auf dis-gis) Balthasar Königs zu hören. Anschließend wurden die einzelnen Tonhöhen des Prospektes mit dem Stimmgerät ausgemessen und aufgenommen.
Nach der Restaurierung der Pfeifen wurde der Winddruck korrigiert, da eine optimale Ansprache der Pfeifen bereits mit einem Winddruck von 55 mm WS erreicht wurde. Die nachgemessenen Tonhöhenwerte entsprachen denen der ersten Messung (Stimmton a’ = 421 Hz bei 15,3°C).
Hubert Fasen