WDR3 "Hörzeichen"
Oliver Cech
WDR3 "Hoerzeichen"-19-01-2006
Bemerkenswert frisch, zart und vital zugleich... Das Resultat ist tatsächlich sensationell zu nennen.

Gut Ding will Weile haben – dachten sich die vier Herren des Flanders Recorder Quartet. Über einen Zeitraum von 18 Jahren haben sie ihre Interpretationen der Musik Johann Sebastian Bachs überdacht und geformt, bis sie schließlich meinten, nun sei es genug, nun seien sie doch allmählich reif fürs Tonstudio. Das Resultat dieses langjährigen Brütens, jetzt erschienen bei Aeolus unter dem schlichten Titel „Bach“, klingt keineswegs gut abgehangen – sondern bemerkenswert frisch, zart und vital zugleich. Das ist eine der beiden Aufnahmen, denen sich das heutige HörZeichen widmet (...)

Eigens für seine Aufnahme mit Bach-Transkriptionen hat sich das Flanders Recorder Quartet eine Kontrabass-Blockflöte in tiefem F bauen lassen – „2,2 Meter lang, ein Instrument, das den Atem schlicht aus dir heraussaugt, doch belohnt es dich mit seinem wundervollen Klang“, kommentieren die Flamen. Das Resultat ist tatsächlich sensationell zu nennen. In perfektem Zusammenspiel nähern sich die vier Flöten der Sonorität einer Truhenorgel, deren Tonstrom zugleich durch den leben­digen menschlichen Atem beseelt und subtil schattiert wird – in einer Weise, wie es auf einer Kirchenorgel unvorstellbar wäre. Viel also spricht dafür, Bachs Passacaglia nicht der Königin der Instrumente zu überlassen. (...)

Die wendige Flöte erweist sich als emotional vielseitiger – was freilich auch am gewählten Repertoire liegen mag. Klugerweise haben die Flamen Bachs kontrapunktische Strenge in ihrer Einspielung mit zwei quirligen Vivaldi-Konzerten aufgemischt – nicht in der Original-Fassung, sondern in Bachs Bearbeitung für Cembalo solo. Und diese Bearbeitung nun, munter dreht sich das Karussell der Transkriptionen, macht das Flanders Quartet zur Grundlage seiner Fassung für vier Flöten.

Auch für die angesprochene kompositorische Strenge Bachs findet das Flanders Recorder Quartet den passenden Ton: durchsichtig und warm, tänzerisch und fließend, unberührt von jener – zumindest in weniger begabten Händen und Mündern – erhabenen Starre, die weite Teile des Publikums auf Distanz hält zu Bachs Orgelwerk.

Bei allem Enthusiasmus für die auch tontechnisch wundervolle Einspielung des Flanders Recorder Quartet – ein Gambenensemble vom Range Fretworks beansprucht sicher nicht weniger die Aufmerksamkeit der Liebhaber Alter Musik. (...)