Delikatessen
Johann Sebastian Bachs Sonaten für Viola da gamba und Cembalo in einer feinsinnigen Deutung durch Rainer Zipperling und Sabine Bauer.
Johann Sebastian Bach schrieb nicht unbedingt viel für die Gambe, aber doch immer wieder an herausgehobenen Stellen – man denke nur an die Begleitung zu den Schlüsselarien der Passionen, in denen das feine Instrument in voller idiomatischer Breite das Geschehen auf subtile Weise prägt. Die drei üblicherweise als Gambensonaten bezeichneten Werke BWV 1027 bis 1029 bilden einen gewichtigen kammermusikalischen Korpus. Und würden doch korrekter als Triosonaten bezeichnet, für zwei eigenständige Stimmen im Cembalo und eine weitere in der Viola da gamba. Denn keinesfalls als Begleitinstrument tritt uns das Cembalo entgegen, vielmehr als gleichermaßen am strukturellen Geschehen beteiligter Partner. Das prägt diese drei Wunderwerke intensiv verwobener Satzkunst, die das Prinzip der Triosonate in außerordentlich konzentrierter Form verlebendigen.
Rainer Zipperling hat zur Bereicherung des Programms eine Bearbeitung der gewichtigen h-Moll-Sonate für Flöte und Cembalo BWV 1030 erstellt. Und er zeigt, dass Bach eher in seinem individuell typischen Instrumentalidiom komponiert als in instrumentenspezifischer Weise, dass also wie sehr häufig Transitionen zu anderen Instrumenten bei behutsamem Zugriff möglich sind. Besetzungswahrheiten können mit Ertrag relativiert werden – was Zipperling mit der nun in g-Moll stehenden Sonate sinnfällig fruchtbar macht. Zumal Bach auch in den Originalsonaten mit Gambenbeteiligung – BWV 1027 selbst ist schon eine Umarbeitung – anders als in den obligaten Partien der schon angesprochenen prominenten Arien durchaus nicht unbedingt idiomatisch für das Instrument notiert: So ist kein üppiges Akkordspiel zu hören, das doch sehr typisch für das Instrument ist.
Feine Kammermusik
Rainer Zipperling, langjährig mit Philippe Pierlot und dessen Ricercar Consort verbunden und aus etlichen Produktionen mit seinem eleganten Spiel vertraut, kultiviert auch hier einen sehr delikaten, auffallend eloquenten Ton, fein in der Wirkung, dabei reich an Substanz. Zipperling spielt seinen Part mit fast unterschwellig wirksamer technischer Souveränität und zielt ganz auf das kammermusikalische Zusammenspiel ab.
Diese Geste greift Sabine Bauer mit ihrem überwiegend erklingenden Ruckers-Nachbau souverän auf: Sie gewinnt in der impliziten Triokonstellation dank ihrer dezidierten Beiträge ein klares Profil, akzentuiert den Cembalo-Part gelungen und sorgt für ein gutes Maß an Strukturklarheit. In der D-Dur-Sonate BWV 1028 mit einer Fülle lang zu haltender Noten spielt sie ein Claviorganum, das die Qualitäten von Cembalo und Truhenorgel vereint. Natürlich hätte das auch mit einem gewöhnlichen Cembalo zufriedenstellend funktioniert – so bekommt die Komposition vor allem im Andante einen sakralen Zug, der aber durchaus nicht störend ist.
Die Tempi wählen die beiden Kammermusiker ohne Hektik und Überdruck in den raschen Sätzen, finden in den Adagios zu wunderbar gesanglicher Ausformung der Linien. Sehr harmonisch und ausgewogen ist das Klangbild, vor allem mit Blick auf Konstellation und Anlage der Werke: Die Viola da gamba dominiert nie in quasi solistischer Weise, immer herrscht klar gegliederte kammermusikalische Balance. Im dreisprachigen Booklet gefällt neben einem pointierten Text vor allem die sehr elegante grafische und bildliche Gestaltung.
Rainer Zipperling und Sabine Bauer legen eine Deutung des feinen Strichs vor – niemals schmal oder blutarm, immer aber delikat und von einer gewissen Eleganz getragen.