Rondo
Michael Wersin
Rondo-23-02-2013-3216
Berückend... Ein wirklich mitreißendes musikalisches Erlebnis

Endlich wieder einmal eine Neueinspielung des herzzerreißend schönen „Stabat Mater“ von Luigi Boccherini, genauer gesagt der ersten Fassung dieses Kleinods in der Minimalbesetzung von einem Sopran plus Streichquintett. Und, wie erfreulich, es ist sogar eine ganz besonders gelungene Interpretation: Die belgische Sopranistin Amaryllis Dieltiens geht weitaus lockerer und souveräner mit dieser eigentlich ja ungeheuer dankbaren, aber aufgrund der teils unbequemen Lage doch auch fordernden Partie um als vor zehn Jahren Roberta Invernizzi. Letztere knödelte sich bei ihrer Einspielung mit „L’Archibudelli“ (Sony) teilweise recht mühsam durch die Partitur.

Ganz anders Frau Dieltiens: Wo es expressiv in die Höhe geht, schwingt ihre Stimme so frei aus wie diejenige eines Vögelchens im Frühling, und wo Tiefe gefordert ist, setzt sie beherzt ihr Brustregister ein, ohne hernach im allzu körperhaften Klang steckenzubleiben. Berückend ist zudem die Intimität der Darbietung: Boccherinis Kantilenen offenbaren sich als Medium einer tief empfundenen Hingabe an den Gegenstand (die Meditation der Schmerzen Marias unter dem Kreuz ihres Sohnes) mit Verzückungspotential. Das Streichquintett „Capriola di Gioia“ schafft dafür nicht nur einen wohltönenden Hintergrund, sondern erkundet sensibel die latente Polyphonie von Boccherinis eindrucksvoller Komposition. Ein wirklich mitreißendes musikalisches Erlebnis ist also dem Hörer dieser CD gewiss.

Michael Wersin, 23.02.2013